Nachfolgelösung mit Stiftungselementen
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Nachfolgelösung mit Stiftungselementen

Stiftungsmagazin "Substanz & Werte"

10. Februar 2023

Lesezeit: 5 Minuten

Mit Stiftungselementen werden Unternehmen nachhaltiger. Die vielfältigen Möglichkeiten erlauben individuell maßgeschneiderte Gestaltungen.

Text: Prof. Dr. Hans Fleisch

Für die Regelung der Nachfolge bei einem Familienunternehmen gibt es grundsätzlich unterschiedliche Optionen. Die wichtigsten drei sind innerfamiliäre Nachfolge, Verkauf sowie Lösung mit Stiftungselementen oder Stiftungsersatzformen. Diese Optionen können auch unterschiedlich miteinander kombiniert werden, sodass sich eine große Vielzahl von Möglichkeiten für eine maßgeschneidert einzelfallgerechte Lösung bietet.

Besser als  der  Branchendurchschnitt

Die Erfahrungen mit der Nutzung des Instruments Stiftung für Nachfolgelösungen sind überwiegend sehr gut, wie unterschiedliche Studien und Befragungen einhellig ergeben haben. Stiftungsverbundene Unternehmen „performen“ demnach in der Regel besser als der Branchendurchschnitt und sind resilienter. Auch steuerliche Gründe sowie Vermeidung der Schädigung des Unternehmens durch Erbenstreit sprechen dafür.

Unterschiedliche Stiftungsformen

Stiftungselemente in der Nachfolgelösung können in Varianten gestaltet werden, die jeweils sehr unterschiedlich ausgeformt werden können. Wesentliche Formen sind

  • die gemeinnützige Stiftung
  • die Familienstiftung
  • die gemischte (hybride) Stiftung
  • die sogenannte Doppelstiftung (Kom- bination aus einer Familien- und einer gemeinnützigen Stiftung)
  • sowie die (gemeinnützige oder nicht gemeinnützige) Treuhandstiftung
  • Ferner gibt es sogenannte Stiftungser- satzformen wie beispielsweise die Stif- tungs-GmbH oder die Stiftung & Co. KG

Zudem kann es im Einzelfall aus steuerlichen oder anderen Gründen sinnvoll sein, mehrere Stiftungen gleicher oder unterschiedlicher Formen miteinander zu kombinieren, und zwar nicht nur in Form der klassischen Doppelstiftung.

Es ist ratsam, den Prozess der Erarbeitung einer einzelfallgerechten Gestaltung mit Stiftungselementen gut zu strukturieren und Spezialisten einzubinden

Bedeutsames Timing

Für das Gelingen einer Nachfolgelösung mit Stiftungselementen ist das Timing hoch bedeutsam. Beispielsweise führt es in der Praxis häufiger zu Problemen, wenn die Unternehmensbeteiligungsstiftung erst von Todes wegen – testamentarisch oder per Erbvertrag – errichtet wird. Zu den Vorteilen der Errichtung der Stiftung mit der warmen und nicht erst mit der kalten Hand gehört auch, dass der Stiftende über die Stiftungssatzung hinaus Organisation und Handeln seiner Stiftung mitprägen und aufgrund der dabei gemachten Erfahrungen nachjustieren kann, wenn das in der Stiftungssatzung von vornherein klug ermöglicht wurde. Auch ist die Gefahr, dass Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche die Substanz der Stiftung und damit des stiftungseigenen Unternehmens planwidrig belasten, umso geringer, je eher die Stiftung errichtet und die Beteiligung übertragen wurde.

Für die Frage des Zeitpunkts der Übertragung der Unternehmensbeteiligung bieten sich grundsätzlich vier Möglichkeiten, die auch steuerlich unterschiedliche Konsequenzen haben:

  • Errichtung der Stiftung mit Geldvermögen zu Lebzeiten und Übertragung der Unternehmensbeteiligung von Todes wegen (Vermächtnis oder Einsetzung als Erbin)
  • Errichtung der Stiftung mit Geldvermögen und nachfolgende Übertragung der Unternehmensbeteiligung zu Lebzeiten
  • Errichtung der Stiftung mit Geldvermögen und sukzessive Übertragung von Teilen der Unternehmensbeteiligung (unter Umständen teils zu Lebzeiten, teils von Todes wegen)
  • Errichtung der Stiftung mit einer Unternehmensbeteiligung als anfängliches Grundstockvermögen

Welches die beste Alternative ist, hängt vom Einzelfall ab. Aber die letztgenannte Alternative – Errichtung einer Unternehmensbeteiligungsstiftung mit einer Unter- nehmensbeteiligung bereits als anfängliches Grundstockvermögen – gestaltet sich in der stiftungsaufsichtlichen Praxis häufig schwieriger. Und auch für die Nutzung der steuerlichen Verschonungsbedarfsprüfung gemäß § 28a ErbStG ist diese Alternative regelmäßig nachteiliger.

Klare Zielorientierung und strukturierter Prozess

Es ist ratsam, den Prozess der Erarbeitung einer einzelfallgerechten Gestaltung mit Stiftungselementen gut zu strukturieren und Spezialisten einzubinden.

Wesentliche Schritte sind:

  • Klärung und Fixierung der wesentlichen Ziele und Einteilung in Haupt- und Ne- benziele (zum Beispiel Sicherung Eigen- ständigkeit und nachhaltige Entwicklung des Unternehmens; Steueroptimierung; Vermeidung von Publizität; Familienabsi- cherung usw.)
  • Beleuchtung und Bewertung der ver- schiedenen Gestaltungsalternativen unter dem Gesichtspunkt von Vor- und Nach- teilen speziell mit Blick auf die jeweiligen Ziele
  • Entscheidung für eine potenziell optimale individuelle Lösung
  • Erarbeitung eines detaillierten Entwurfs der potenziell optimalen individuellen Lösung
  • Vertiefende rechtliche Prüfungen zum Entwurf, gegebenenfalls Anpassungen
  • Vorab-Abstimmung des detaillierten Entwurfs mit Behörden (Finanzamt – unter Umständen verbindliche Auskunft –, Stiftungsbehörde)
  • Gegebenenfalls Anpassungen des Entwurfs aufgrund der Rückmeldungen der Behörden
  • Herstellung Stiftungsreife auf Unternehmensebene und unter Umständen Optimierung der Vermögenstruktur des Unternehmens unter steuerlichen Gesichtspunkten
  • Entscheidung über Stiftungspersonalfragen
  • Stiftungserrichtung und, soweit nicht für späteren Zeitpunkt vorgesehen, Einbringung der Unternehmensbeteiligung
  • Gegebenenfalls Anpassung des Testaments an die Stiftungslösung
  • Anpassungen auf Unternehmensebene
  • von Governance-Regelungen usw.
     

Viele funktionierende Varianten

Es gibt nicht das eine Modell, das sich besonders bewährt hat, sondern auch in der Praxis viele gut funktionierende Varianten der Verbindung von Unternehmen und Stiftung. Die große Mehrzahl der Unternehmensbeteiligungsstiftungen sind gemeinnützige Stiftungen. Sie sind steuerlich am stärksten begünstigt. Gleichwohl kann eine wirtschaftliche Absicherung der Familie auch mit diesem Modell verbunden werden, und dafür gibt es wiederum unterschiedliche Wege. Obwohl nicht steuerbegünstigt, erfreut sich aktuell die Familienstiftung als Nachfolgelösung einer wachsenden Popularität. Dazu trägt bei, dass sich ihre potenziellen steuerlichen Nachteile – Schenkungs- beziehungsweise Erbschaftsteuer und Erbersatzsteuer – bei Unternehmensnachfolgelösungen weitgehend minimieren lassen, insbesondere mit- hilfe von Verschonungsregelungen gemäß §§ 13 a, 13 b ErbStG. Zudem kann eine mit überschaubarem Geldvermögen errichtete Familienstiftung begünstigtes Unternehmensvermögen mit einem Wert von mehr als 26 Mio. Euro erwerben und einen Antrag auf (teilweisen) Erlass der Steuerschuld gemäß § 28a ErbStG stellen.

Beliebtheit hybrider Stiftungen

Im Hinblick auch darauf ist die meist aus steuerlichen Gründen empfohlene sogenannte Doppelstiftung wohl weiterhin eher die Ausnahme. Die Doppelstiftung bringt besondere Herausforderungen unter anderem für eine Governance „aus einem Guss“ mit sich. Zudem sind spätere Änderungen aufgrund von Erfahrungen oder geänderter Verhältnisse hier komplizierter. Die Nutzung des Instruments Treuhandstiftung für Gestaltungen der Unternehmensnachfolge ist (noch) die seltene Ausnahme. Immer häufiger wird die gemischte (hybride) Stiftung als Modell der Unternehmensnachfolge genutzt, bei der familienbezogene Zwecke mit gemeinwohlorientierten Zwecken kombiniert werden. Und dafür spricht viel. Sie bietet gegenüber der gemeinnützigen Stiftung mehr Gestaltungsfreiheit und -sicherheit auch bei der Versorgung der Familie.

Gegenüber der Doppelstiftung hat die gemischte Stiftung den Vorteil, dass sie letztlich unkomplizierter ist – auch im Hinblick auf Governancefragen. Gegenüber der „reinen“ Familienstiftung hat die gemischte Stiftung unter anderem den Vorteil, dass sie flexibler eine spätere Anpassung an sich negativ ändernde steuerrechtliche Rahmenbedingungen ermöglicht, ohne dabei eine Besteuerung zu riskieren.

Prof. Dr. Hans Fleisch ist Rechtsanwalt / Of Counsel bei der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg in Berlin. Er berät seit 30 Jahren Stiftungen und Stiftende und heute vor allem zu Nachfolgelösungen mit Stiftungselementen. Dabei bringt er langjährige Erfahrung
aus Geschäftsführungspositionen im Stiftungssektor mit. Er ist Vorsitzender des Stiftungsrats verschiedener Unternehmensbeteiligungsstiftungen.
Boris Piekarek ist Rechtsanwalt bei WINHELLER am Standort Berlin und spezialisiert auf recht- liche und steuerliche Vermögenskonzepte
und Rechtformgestaltungen für Unternehmer, Immobilieneigentümer und vermögende Privatpersonen.