Die Versorgung des Stifters und seiner Angehörigen
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Die Versorgung des Stifters und seiner Angehörigen

Karen Krämer, Vorstand der Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung, im Interview mit Herrn Dr. Ponath

31. März 2023

Lesezeit: 8 Minuten

Mit der Errichtung einer Stiftung bürgerlichen Rechts entledigt sich der Stifter in der Regel endgültig des der Stiftung gewidmeten Vermögens. Verfolgt eine Stiftung altruistische, also insbesondere steuerbegünstigte („gemeinnützige“) Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. der Abgabenordnung („AO“), stellt sich Stiftern häufig die Frage, ob und inwieweit die Vermögenserträge der Stiftung auch zur Finanzierung des eigenen Lebensunterhalts und gegebenenfalls des Lebensunterhalts der Angehörigen verwendet werden können. Dazu hat Karen Krämer, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung, mit Dr. Gerrit Ponath, Rechtsanwalt und Partner bei ADVANT Beiten in Frankfurt am Main, gesprochen.

Karen Krämer: Herr Dr. Ponath, kann auch eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung durch Zuwendungen an den Stifter und seiner Angehörigen zu deren Unterhalt beitragen?

Herr Dr. Ponath: Wird – wie in ca. 90% der Fälle – mit der Stiftungserrichtung deren steuerliche Anerkennung als gemeinnützig angestrebt, rückt bezüglich möglicher Zuwendungen an den Stifter und seine Angehörigen die Vorschrift des § 58 Nr. 6 AO in den Focus. Hiernach kann eine Stiftung „einen Teil, jedoch höchstens ein Drittel ihres Einkommens dazu verwenden, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu wahren“- , ohne die Aberkennung der Gemeinnützigkeit befürchten zu müssen.

Hierbei handelt es sich um eine Ausnahmeregelung zu der strengen steuerrechtlichen Vorgabe, dass die Stiftung ihre Mittel ausschließlich für steuerbegünstigte Zwecke verwenden muss. Diese Privilegierung soll die Errichtung gemeinnütziger Stiftungen möglichst attraktiv machen beziehungsweise Stiftern die Sorge vor Verarmung nehmen. Im Detail birgt die Vorschrift aber einige Unwägbarkeiten:

Beispielsweise wird das Begriffspaar „nächste Angehörige“ von der Finanzverwaltung sehr eng ausgelegt. Es umfasst (nur) die Ehegatten und Lebenspartner, Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Geschwister, Pflegeeltern und Pflegekinder der Stifter (Anwendungserlass zur AO [„AEAO“] Nr. 12 zu § 58 Nr. 6). Damit ist beispielsweise eine Absicherung der Nachkommen des Stifters über die Enkelgeneration hinaus auf der Grundlage des § 58 Nr. 6 AO nicht möglich.

Weiterer „Knackpunkt“ ist die Frage, welcher Lebensunterhalt als „angemessen“ anzusehen ist. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kommt es für die Beurteilung auf den Lebensstandard des Zuwendungsempfängers an (AEAO Nr. 13 zu § 58 Nr. 6). Das Schrifttum erachtet hingegen andere Maßstäbe als maßgebend, etwa den „Lebensstandard des Stifters“ oder die Ermöglichung eines „sorgenfreien Lebens“ für die Stifter und ihre Angehörigen.

Karen Krämer: Was bedeutet das für die Absicherung des Stifters und seiner Angehörigen?

Aufgrund dieser Unsicherheiten und des auf ein Drittel des Einkommens limitierten Unterhalts empfiehlt es sich in der Regel nicht, eine dauerhafte Absicherung des Stifters und seiner Angehörigen allein auf § 58 Nr. 6 AO zu stützen. Gleichwohl sollte einem Stiftungsvorstand die Möglichkeit offenstehen, Zuwendungen an den Stifter oder seine Angehörigen auf Grundlage der Norm vorzunehmen. Dies erfordert allerdings eine Rechtsgrundlage in der Stiftungssatzung, denn § 58 Nr. 6 AO betrifft allein die gemeinnützigkeitsrechtliche Zulässigkeit von Zuwendungen der Stiftung. Stiftungsrechtlich bedarf es darüber hinaus einer ausdrücklichen „Erlaubnis“, jenseits der Stiftungszwecke Zuwendungen dieser Art vornehmen zu können.

Dem Stifter sollte dann aber auch bewusst sein, dass eine solche Regelung in der Satzung dem Erben, Vermächtnisnehmern und Beschenkten die Möglichkeit nimmt, innerhalb von 24 Monaten nach dem Erbfall die Erbschaftsteuerlast durch Zuwendung an die Stiftung zu reduzieren oder ganz entfallen zu lassen. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG entfällt nämlich die Erbschaftsteuer auf Vermögensgegenstände, die der Begünstigte einer steuerbegünstigten Stiftung zuwendet, aber nur, wenn diese keine Leistungen nach § 58 Nr. 6 AO gewährt.

Karen Krämer: Gibt es alternative Möglichkeiten zur Unterstützung des Stifters und seiner Angehörigen?

Das bürgerliche Recht sieht verschiedene Instrumente vor, um bei Vermögensübertragungen zugunsten des Zuwendenden oder seiner Angehörigen Rechte vorzubehalten, die bei diesen zu stetigen Einnahmen führen. So kann beispielsweise das für die Übertragung auf die Stiftung vorgesehene Vermögen vor der Übertragung mit Nießbrauchsrechten belastet werden. Gehört zum Vermögen eines Stifters etwa ein vermietetes Mehrfamilienhaus, könnten im Falle eines bei der Grundstücksübertragung vorbehaltenen Nießbrauchsrechts die Mieterträge weiterhin dem Stifter oder anderen Begünstigten zugutekommen, während die Stiftung das Eigentum an der Immobilie erlangen würde. Auch kann ein Grundstück beispielsweise belastet mit einer Rentenschuld auf die Stiftung übertragen werden, gemäß der die Stiftung regelmäßig eine bestimmte Geldsumme an den Stifter und/oder andere Berechtigte zahlen muss. Solche Rechte sind dann in aller Regel auf eine bestimmte Zeit (beispielsweise die Lebenszeit des Begünstigten) beschränkt.

Bei dem Vorbehalt solcher Rechte sollte allerdings berücksichtigt werden, dass nach Ansicht der Finanzverwaltung bei der Erfüllung solcher vorbehaltenen Rechte die Drittelgrenze des § 58 Nr. 6 AO zu berücksichtigen ist (AEAO Nr. 15 zu § 55). Der BFH hat dies bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 1989 anders entschieden und die Drittelgrenze gerade nicht auf vorbehaltene Rechte angewendet. Die Finanzverwaltung begründet die analoge Anwendung damit, dass steuerbegünstigte Körperschaften ihr laufendes Einkommen überwiegend für gemeinnützige Zwecke verwenden müssen. Eine Vorababstimmung mit dem Finanzamt ist daher empfehlenswert.

Karen Krämer: Welche Handlungsempfehlungen können Sie geben, wenn die Drittelgrenze eine angemessene Unterstützung des Stifters zu Lebzeiten nicht erwarten lässt?

Alternativ zu den beiden vorherigen Gestaltungen könnte die Stiftung entweder auf den Todesfall oder zu Lebzeiten errichtet und zunächst nur mit einem für die finanzielle Absicherung des Stifters entbehrlichen Vermögen ausgestattet werden. Das restliche Vermögen wird ihr dann mittels Verfügung von Todes wegen mit Auflagen und/oder Vermächtnissen zugunsten von Angehörigen zugedacht, wobei dann, wenn die Stiftung laufende Zuwendungen vornehmen soll,  ebenfalls Rücksicht auf die Drittelgrenze des § 58 Nr. 6 AO genommen werden sollte. Allerdings werden im Rahmen solcher Gestaltungen auf den Todesfall die ertragsteuerlichen Steuervorteile (Spendenabzug und Sonderausgabenabzug), die mit einer Errichtung einer Stiftung unter Lebenden verbunden sind, nicht oder zumindest nicht optimal genutzt.

Karen Krämer: Vielen Dank für das Interview, Herr Dr. Ponath.

„Dr. Gerrit Ponath ist Partner bei ADVANT Beiten in Frankfurt a. M. und Co-Head der Praxisgruppe Vermögen, Nachfolge, Stiftungen und berät schwerpunktmäßig Stiftungen und Vereine in allen stiftungs- und vereinsspezifischen rechtlichen und steuerlichen Fragen.“

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