„Wir sind verhalten konstruktiv gestimmt“
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„Wir sind verhalten konstruktiv gestimmt“

Neues aus dem Investment-Office: Daniel Winkler über aktuelle Markt-Erwartungen

26. Januar 2023

Lesezeit: 5 Minuten

Die Kundinnen und Kunden von Zeedin legen ihr Vermögen in die Hände eines Teams von Experten. Deren Aufgabe besteht darin, aktive Anlagestrategien zu erarbeiten. Dazu beobachten sie die Märkte sehr genau und formulieren auf Basis ihrer Erfahrungen und ihrer Expertise klare Erwartungen zur weiteren Entwicklung. Neues aus dem Investment-Office: Daniel Winkler gibt in dieser Rubrik nun regelmäßig einen Überblick, welche Themen gerade im Fokus stehen, und erklärt, welche Entwicklungen aktuell als besonders einflussreich erachtet werden.

Von Daniel Winkler, Multi Asset Strategist bei Hauck Aufhäuser Lampe

 

Eine strategische Vermögensstruktur ist eine wesentliche Voraussetzung für einen langfristigen Anlageerfolg. Allerdings entwickeln sich die einzelnen Anlagebereiche nicht gleichförmig, sondern sind im Laufe der Zeit von einer Vielzahl an Einflussfaktoren abhängig. Wie wirken sich aktuelle wirtschaftliche, politische und geopolitische Entwicklungen auf Aktien, Anleihen oder weitere Anlageformen wie Gold aus? Das ist eine Frage, die sich ein aktives Asset Management regelmäßig stellen muss. Welche Faktoren spielen also im Januar 2023 eine Rolle und könnten in der nahen Zukunft zum Tragen kommen? Dazu an dieser Stelle einige wesentliche Punkte.

1. Was hat es mit dem angekündigten EZB-Bilanzabbau auf sich?

Die Europäische Zentralbank (EZB) plant, ihre Anleihebestände sukzessive auslaufen zu lassen. Nachdem sie ihre Bestände in den vergangenen Jahren durch erhebliche Kaufprogramme wie das APP (Asset Purchase Programme) aufgebaut hat, will sie diese nun wieder verringern. Das APP steht dabei für etwa 40 Prozent der Assets in der EZB-Bilanz und zielt vorrangig auf Staatsanleihen. Der Bilanzabbau soll demnach erfolgen, indem ein Teil der  fällig werdenden Beträge nicht wieder angelegt wird. Erste Details dazu wurden auf der geldpolitischen Sitzung der EZB am 15. Dezember des vergangenen Jahres bekanntgegeben.

Die Anleihen, die im Rahmen des 3,3 Billionen Euro schweren APP-Rahmens erworben wurden, haben eine gewichtete durchschnittliche Laufzeit von etwas mehr als sieben Jahren. Bis November 2023 laufen im Durchschnitt jeden Monat Papiere im Volumen von rund 30 Milliarden Euro ab. Die EZB legt, analog zur US-amerikanischen Fed, ein „Cap“ (Obergrenze) für das Bondvolumen fest, das sie pro Monat auslaufen lassen will. Dieses Cap kann dann über die Zeit angehoben werden.

In Sachen Cap steht derzeit fest: Zwischen März und Juni 2023 wird die EZB monatlich 15 Mrd. Euro an Reinvestitionen nicht mehr vornehmen. Damit wird sie 50 Prozent der fällig werdenden APP-Bonds nicht mehr reinvestieren. Unserer Einschätzung nach wird die EZB das Cap ab August auf 20 Mrd. Euro pro Monat und im September auf 30 Mrd. Euro pro Monat erhöhen.

2. Welchen Effekt hat der kommende EZB-Bilanzabbau auf Zinsen?

Die Expansion der EZB-Bilanz ging in den vergangenen Jahren einher mit sinkenden Zinsen bzw. Renditen. Gilt dies auch umgekehrt? Bedient man sich entsprechender ökonometrischer Modelle, bei denen die Zinsen eines Landes eine Funktion der makroökonomischen Fundamentals wie etwa dem Verschuldungsniveau sind, ist die Sensitivität auf das kommende Ende der APP-Reinvestitionen eher gering. Dies gilt sowohl für die Kern- wie auch die Peripherie-Länder der Eurozone. In beiden Fällen dürften die Zinsen wegen der kommenden Bilanzreduktion nur sehr moderat steigen.

Insofern dürften die Auswirkungen für Staaten und Unternehmen unseres Erachtens begrenzt bleiben. Gleichwohl könnte es temporär zu einer leicht höheren Volatilität an den Märkten für Staats- und Unternehmensanleihen kommen, was wir im Asset Management für taktische Engagements nutzen.

3. Setzen Risiko-Assets die gute Entwicklung vom Jahresanfang fort?

Die meisten Risiko-Assets wie etwa Aktien sind bislang positiv in das Jahr 2023 gestartet. Ihre Kursentwicklung wird in den kommenden Wochen stark von den fundamentalen Unternehmenszahlen abhängen. Viele Investorinnen und Investoren scheinen angesichts der hohen konjunkturellen Unsicherheit derzeit auf substanzielle Revisionen der Gewinnschätzungen zu warten, bevor sie ihre Aktienquoten erhöhen. Die kommende Berichtssaison für das zurückliegende Gesamtjahr 2022 und damit auch für die Geschäftsentwicklung im vierten Quartal dürfte zeitnah weitere Indikationen liefern.

Wir sind hier verhalten konstruktiv gestimmt. Nach dem fulminanten Jahresauftakt wachsen die Sorgen, wie es mit dem Margendruck bei den Unternehmen und der Inflationsdynamik weitergeht. Aktuell geben die Hoffnungen auf ein „Soft-Landing“ der US-Volkswirtschaft – also eine Eindämmung der hohen Inflation ohne Auslösen einer Rezession – Aktien jedoch Rückenwind. Ein Großteil dieser Hoffnungen stützt sich dabei auf die Erwartung an die Fed, ihren nächsten Zinsschritt kleiner ausfallen zu lassen (25 Basispunkte nach 50 Basispunkten im Dezember 2022). Die robuste EU-Konjunktur (mit positiven Spillover-Effekten aus China) unterstützt diese erwartete Entwicklung zusätzlich.

4. Wie nachhaltig ist der China-Re-Opening-Trade?

Bereits die ersten wichtigen Lockerungsschritte der Covid-Politik Chinas im Dezember vergangenen Jahres (auf welche die Abkehr von der Null-Covid-Strategie mit den vollzogenen Grenzöffnungen im Januar 2023 folgte) hatten einen positiven Einfluss auf die Konjunktur im Land. So lagen die jüngsten Aktivitätskennzahlen wie Industrieproduktion, Einzelhandelsumsätze oder Anlageinvestitionen aus dem Dezember zum Teil bereits deutlich über den Erwartungen.

Naturgemäß nimmt der Markt viele der skizzierten Effekte vorweg. Doch längst nicht alles ist Ende Januar 2023 eingepreist. Bislang ist der CSI 300 Aktienindex, der die Kursentwicklung an den beiden großen Börsen Schanghai und Shenzhen abbildet, seit dem Jahrestief 2022 Ende Oktober bislang um rund 18,5 Prozent gestiegen. Seit Jahresbeginn beträgt das Plus 7,6 Prozent. In den kommenden Monaten erwarten wir – bei erhöhter Volatilität an den Aktienmärkten – eine weiterhin positive Kursperformance.

5. Kann der europäische Markt von der China-Öffnung profitieren?

Die Hoffnung auf eine schnelle Erholung der chinesischen Konjunktur hat einen signifikanten Beitrag zur jüngsten Rallye der europäischen Aktien geliefert. Dies ist daran ablesbar, dass sich die Aktien der Unternehmen mit einem signifikanten China-Geschäft relativ seit Jahresbeginn besser entwickelt haben als vergleichbare Aktien. Zudem gibt es unseres Erachtens auch einen indirekten positiven Effekt für europäische Aktien, die insgesamt als stärker abhängig von den Schwellenländern eingestuft werden. Denn die Aufhebung der Null-Covid-Politik Chinas unterstützt das Narrativ, dass der europäische Markt – in erster Linie aufgrund seiner günstigen Bewertung – derzeit attraktiver ist als der US-Markt.

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