Rohstoffe im Fokus: Den aktuellen Goldrausch verstehen
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Rohstoffe im Fokus: Den aktuellen Goldrausch verstehen

Neues aus dem Investment-Office: Dr. Ulrike Rondorf über die aktuelle Lage an den Kapitalmärkten

15. April 2024

Lesezeit: 5 Minuten

Dr. Ulrike Rondorf, unsere Leiterhin der Investment-Strategie bei Lampe Asset Management, wirft in der Rubrik „Neues aus dem Investment-Office“ einen genaueren Blick auf die aktuellen Marktthemen. Dabei stellt sich auch die Frage: Welche Chancen und Risiken gibt es derzeit in der Allokation zwischen den verschiedenen Assetklassen? Wir beleuchten im aktuellen Interview genauer den fulminanten Anstieg von Gold.

Der Goldpreis in US-Dollar je Feinunze ist seit Mitte Februar um 20 % gestiegen. Warum ist diese Entwicklung so ungewöhnlich?

Zum einen ist der Umfang des Anstiegs ungewöhnlich. Zum anderen sind normalerweise die realen Anleiherenditen und der US-Dollar die beiden wichtigsten Treiber von Gold. Doch können beide den jüngsten Anstieg des Goldpreises nicht erklären. Denn die realen Renditen sind in der Tendenz seit Anfang 2024 leicht gestiegen, was die Opportunitätskosten von Gold erhöht hat. Mit anderen Worten: Die Attraktivität von Alternativanlagen wie Anleihen hat sich gegenüber Gold verbessert. Ferner gab es vom US-Dollar, der sich in den vergangenen Wochen eher seitwärts bewegt hat, keinen Rückenwind für den Goldpreis.

Kurzfristig ist auch die Geopolitik für den Goldpreis ein Treiber. Dies zeigte zuletzt die Preisbewegung nach dem Angriff der Hamas auf Israel eindrücklich. Auch wenn wir in der schwierigen geopolitischen Lage einen strukturellen Faktor für die Entwicklung des in unsicheren Zeiten als Fluchtwährung gefragten Goldes sehen, gab es im März keinen erkennbaren Auslöser für die fulminante Preisbewegung.

Und was war nun der tatsächliche Treiber?

Ausschlaggebend waren wohl in erster Linie die Positionierungen an den Terminmärkten. Dort werden die künftig erwarteten Goldpreise gegenüber den aktuellen Spotpreisen gehandelt. Durch ein Auseinanderlaufen bei Angebot und Nachfrage bestimmter Terminpositionen können starke Preisausschläge ausgelöst werden. Der Goldpreis brach so nach oben aus einer Handelsspanne aus, die zuvor länger Bestand hatte. Dies hat den Anstieg zusätzlich angefacht.

Dies hört sich so an, als hätte der Goldrausch wenig Substanz. Oder gibt es auch fundamentale Faktoren, die den Goldpreis stützen?

Ja, die gibt es, sonst wäre die Preisentwicklung wohl auch schnell ins Wanken geraten. Die Finanzmarktteilnehmer scheinen aus drei Gründen überzeugt zu sein, dass die Nachfrage nach Gold in den kommenden Quartalen recht robust sein wird. Das betrifft zunächst die konjunkturelle Nachfrage nach Gold. Denn es gibt Hoffnungsschimmer auf eine konjunkturelle Verbesserung. Dies beobachten wir auch bei anderen Rohstoffen, wie Kupfer und Rohöl. Gestützt wurde diese positive Grundstimmung von Nachrichten, dass die indischen und chinesischen Haushalte mehr Gold nachfragen. In Indien sorgt das hohe Wirtschaftswachstum für eine steigende Schmucknachfrage, in China haben die privaten Haushalte ein Interesse daran, ihr Vermögen nicht zuletzt vor dem Hintergrund der lokalen Immobilien- und Aktienmarktentwicklung sowie der Devisenausfuhrbeschränkungen breiter zu streuen.

Was ist der zweite Grund?

Umschichtungen der Zentralbanken. Seitdem einige Staaten die Reserven der russischen Zentralbank eingefroren haben, versuchen viele Zentralbanken, ihre Devisenreserven stärker zu diversifizieren. China scheint dabei besonders bestrebt, sich unabhängiger von der weltweit wichtigsten Reservewährung, dem US-Dollar, zu machen. Der Goldpreis reagiert in der Regel für einen kurzen Zeitraum auf politische und geopolitische Unsicherheiten, aber der russische Angriff auf die Ukraine hat wohl nachhaltige Auswirkungen auf die Goldnachfrage.

"Aus meiner Sicht als Multi-Asset-Strategin ist Gold in einem Portfolio mit einem mittleren bis langen Anlagehorizont ein wichtiger Stabilitätsanker."
Neues aus dem Investment-Office: Dr. Ulrike Rondorf über die aktuelle Lage an den Kapitalmärkten

Spielt, drittens, auch die Zinssituation eine Rolle?

In der Tat. Die US-Realzinsen sind jüngst eher gestiegen, was den Goldpreis belastet haben sollte. Allerdings senken global betrachtet eine Reihe von Zentralbanken – allen voran in den Entwicklungsländern – die Zinsen, so dass die Hoffnung weiterhin besteht, dass eine Zinswende die Opportunitätskosten der Goldhaltung senken wird. Zudem fehlen andere sichere Häfen: So haben zwei wichtige sogenannte Fluchtwährungen den Anlegern zuletzt wenig Freude gemacht, auch wenn die Positionen in diesen Währungen verzinst werden: der Schweizer Franken und der Japanische Yen. Beide haben deutlich an Wert verloren.

Wie blicken Sie auf den weiteren Jahresverlauf?

Mit Blick auf die drei genannten Nachfragefaktoren scheint der Goldpreis fundamental gut unterstützt zu sein. Hinzu kommt, dass weitere Unsicherheitsschocks aus der politischen Ecke in diesem Jahr wahrscheinlicher sind als in vielen der vergangenen 25 bis 30 Jahre. Der Umstand, dass 2024 mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung neue politische Führungen wählt - darunter insbesondere die Präsidentschaftswahl in den USA - könnte zusätzlich unterstützend für Gold wirken.

Wir rechnen auch deswegen für den weiteren Jahresverlauf in der Spitze mit Niveaus von deutlich mehr als 2.400 US-Dollar pro Feinunze, also jenes Niveau, das wir kurzzeitig vor wenigen Tagen schon erreicht hatten.

Es gibt jedoch Risiken für eine Konsolidierung nach der extremen Rallye. Zum einen beobachten wir bei einigen Assetklassen, darunter auch beim der Bitcoin, bei gewissen Aktiensegmenten und High-Yield-Anleihen, einen starken Trend, der sich in den vergangenen Wochen selbst verstärkt hat. Der durchschnittliche Anleger ist aktuell bereit, höhere Risiken einzugehen, und hat Angst, etwas zu verpassen: Die Jagd nach Rendite ist in vollem Gange. Dort droht eine Korrektur, und dies kann auch Gold treffen. Insbesondere wenn die Korrektur der positiven Stimmung dadurch ausgelöst werden sollte, dass die US-amerikanische Zentralbank die Hoffnungen auf einen Zinssenkungszyklus signifikant enttäuscht.

Also ist es noch ratsam, aktuell Gold in ein Portfolio aufzunehmen?

Ja, aber vor allem aus längerfristigen Gründen. Aus meiner Sicht als Multi-Asset-Strategin ist Gold in einem Portfolio mit einem mittleren bis langen Anlagehorizont ein wichtiger Stabilitätsanker. Gerade die geringe Korrelation mit anderen Faktoren und Assetklassen macht es wichtig für die Diversifikation, auch wenn mich die Kursbewegungen manchmal Stirn runzelnd auf den Monitor schauen lassen.

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