Quo Vadis Ethereum?
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Quo Vadis Ethereum?

06. Mai 2025

Lesezeit: setTime Minuten

Unser letzter Blogeintrag mit Fokus auf Ethereum im letzten Jahr erfolgte im Rahmen der erstmaligen ETF-Zulassung für Ethereum in den USA. Seitdem ist am Kryptomarkt viel passiert. Nach einer fulminanten Rallye zum Jahresende folgte mit der Vereidigung von Donald Trump und seinen handelspolitischen Maßnahmen ein Markteinbruch, der sich durch alle Assetklassen zog. Dennoch kann nicht unerwähnt bleiben, dass die Preisperformance von Ethereum hinter den Erwartungen zurückblieb. Wir nehmen das anstehende Pectra Upgrade der Ethereum Blockchain zum Anlass, die Veränderungen, die die letzten technischen Upgrades der Ethereum Blockchain brachten, zu skizzieren und darin nach Hinweisen auf Gründe für die bisherige Unterperformance des Assets zu suchen.

Chart 1: ETH/ BTC Handelspaar seit Handelbarkeit der Ethereum-ETFs

Der Wert von Ethereum gegenüber Bitcoin hat sich seit der Einführung der Ethereum-ETFs im Juli 2024 mehr als halbiert. (Quelle: Coinmetrics, eigene Kalkulation)

Der Ausgangspunkt für die Betrachtung ist das Ethereum-Upgrade "The Merge" im September 2022. Dieses war möglicherweise das bedeutendste Upgrade für die Ethereum-Blockchain, das den Übergang von einem Proof-of-Work (PoW) zu einem Proof-of-Stake (PoS) Konsensmechanismus markierte. Eine der größten Veränderungen dieses Upgrades war die drastische Reduzierung des Energieverbrauchs, da der Wechsel zu PoS energieintensive Mining-Prozesse überflüssig machte und den Energieverbrauch von Ethereum um etwa 99,95 % senkte. Zudem bietet PoS im Fall von Ethereum einen vermutlich eine geringere Anfälligkeit für 51 %-Attacken.
Während "The Merge" selbst keine direkten Skalierungsverbesserungen brachte, legte es den Grundstein für zukünftige Upgrades wie Sharding, die die Transaktionskapazität und Effizienz der Ethereum-Blockchain weiter verbessern sollen. Mit PoS können Ether-Inhaber ihre Coins staken, als Validatoren zur Netzwerksicherheit beizutragen und dafür Token-Emissionen verdienen. Schließlich führte die Umstellung auf PoS zu einer Veränderung der Emissionsrate von Ether, da keine neuen Ether mehr durch Mining erzeugt werden, wodurch die Gesamtmenge an Ether langsamer wächst und potenziell deflationäre Effekte entstehen könnten.

Chart 2: Ethereum Supply

Mit der Umstellung vom Proof-of-Work zu Proof-of-Stake im September 2022 verringerte sich die Emission neuer Ethereum-Token massiv. Zwischenzeitlich wurde Ethereum zu einem deflationären Asset, da durch den Burn-Mechanismus mehr Token zerstört wurden, als durch Inflation neu geschaffen wurden. Seit dem Dencun-Upgrade im März 2024 ist die Anzahl der zerstörten Token so stark gesunken, dass der Ethereum-Supply wieder wächst. (Quelle: Coinmetrics, eigene Kalkulation)

Das "Shanghai"-Upgrade, das im Jahr 2023 für die Ethereum-Blockchain implementiert wurde, brachte mehrere direkte Auswirkungen mit sich. Eine der bedeutendsten Änderungen war die Einführung der Möglichkeit für Validatoren, ihre gestakten Ether abzuheben, was die Liquidität für diejenigen erhöhte, die am Proof-of-Stake (PoS) Konsensmechanismus teilnehmen. Dies stärkte das Vertrauen in das Staking-System und machte es attraktiver für Investoren. Darüber hinaus verbesserte das Upgrade die Netzwerkleistung durch Optimierungen bei der Datenverarbeitung und Transaktionsabwicklung, was zu einer effizienteren Nutzung der Blockchain führte. Das "Shanghai"-Upgrade war auch ein wichtiger Schritt in Richtung weiterer Skalierungsmaßnahmen, die die Grundlage für zukünftige Verbesserungen der Ethereum-Blockchain legen sollen.

Chart 3: Anzahl der gestakten Ethereum Token

Das Shanghai-Upgrade ermöglicht es Stakern erstmals, ihre Token aus dem Staking herauszunehmen und zu veräußern. Damit schaffte Ethereum Vertrauen und machte Staking auch für risikoaverse Investoren interessant, und die Anzahl der gestaketen Ethereum-Token stieg noch einmal stark an. (Quelle: Coinmetrics, eigene Kalkulation)

Das im März 2024 durchgeführte Dencun-Upgrade ist das bedeutendste Ethereum-Update seit dem "Merge", da es den Weg der rollup-zentrischen Skalierung der Ethereum-Blockchain manifestiert. Neben Neuerungen wie einer verbesserten Kommunikation zwischen Consensus- und Execution-Layer und einer Steigerung der Sicherheit von Smart Contracts bildet das Ethereum Improvement Proposal 4844, auch bekannt als Proto-Danksharding, das Herzstück des Upgrades. Damit wurden sogenannte „Blobs“ eingeführt – temporäre Datenspeicher, die es Rollups wie Arbitrum, Optimism oder Polygon ermöglichen, ihre Transaktionsdaten günstiger auf der Hauptchain zu speichern und damit ihre Transaktionskosten drastisch zu senken.

Chart 4: Anzahl der Transaktionen pro Tag auf der jeweiligen Chain

Seit der Einführung des Dencun-Upgrades ist die Anzahl der Transaktionen auf Ethereum relativ konstant geblieben, während die Anzahl der Transaktionen auf den Rollups gestiegen ist. (Quelle: L2Beat.com, eigene Kalkulation)

Mit dem anstehenden Pectra-Upgrade im Mai 2025 wird mit dem Feature "Account Abstraction" die Möglichkeit zur Transaktionsbündelung und zum Gas-Sponsoring eingeführt, um die Verwendung der Blockchain zu vereinfachen. Darüber hinaus wird der Blob-Durchsatz pro Block gesteigert, was zu weiteren Gebührensenkungen für Rollups führen wird. Zusammengefasst zeigt sich ein klarer Fokus auf die Steigerung der Nutzbarkeit der Ethereum-Blockchain: Nach dem erfolgreichen Wechsel von Proof-of-Work zu Proof-of-Stake werden nun gezielt Anreize geschaffen, Rollups mit schnelleren Transaktionen und günstigeren Gebühren zu nutzen, deren Performance mit der von Smart-Contract-Plattformen wie Solana konkurrieren kann. Obwohl die Skalierung über Rollups auch Probleme mit sich bringt, wie zum Beispiel die Fragmentierung der Liquidität oder einen Extraschritt für den Endnutzer, sind diese Entwicklungen im Hinblick auf die Konkurrenzfähigkeit bei den Kennzahlen Preis und Geschwindigkeit positiv zu bewerten. Doch die zunehmende Verlagerung des Transaktionsgeschehens von der Ethereum-Chain auf die Rollups hat auch einen anderen Effekt. Die Nachfrage nach Ethereum sinkt, da immer weniger Transaktionen auf der Mainchain stattfinden. Dies führt zwar zu niedrigen Transaktionsgebühren, verringert aber auch die Staking-Erträge und die Menge der Token, die geburned werden. Dies führte dazu, dass mit der Einführung der Blobs im Dencun-Upgrade die deflationäre Phase endete und Ethereum wieder ein inflationäres Asset wurde. Die Verringerung der Staking-Rewards wird noch verstärkt durch die steigende Anzahl an Stakern, die sich vermutlich aus wenig preissensitiven Langzeit-Ethereum-Haltern zusammensetzen. Diese Effekte wirken sich nicht positiv auf die kurzfristige Nachfrage nach dem Ethereum-Token aus und könnten der Grund für die hinter den Erwartungen zurückbleibende Performance des Ethereum-Tokens in diesem Zyklus sein.

Chart 4: Summe der täglichen Transaktionsgebühren auf Ethereum

Die Transaktionsgebühren pro Tag sinken, da sich das Transaktiongeschehen von Ethereum auf Rollups verlagert und für diese, durch die Einführung von Blobs, geringere Gebühren anfallen als für herkömmliche Transaktionen. (Quelle: Coinmetrics, eigene Kalkulation)

Ethereum bleibt aufgrund seiner robusten Infrastruktur und der großen Entwickler-Community weiterhin die bevorzugte Plattform für dezentrale Projekte aller Art. Bis Ende 2024 deutet die kontinuierlich steigende Anzahl gestaketer Ethereum darauf hin, dass die Community von der Marschrichtung des Projekts und dem langfristigen Erfolg des Protokolls überzeugt ist. Sollte die aktuelle Stagnation (siehe Diagramm 3) ein erstes Anzeichen für ein sich änderndes Sentiment sein, könnte dies eine Neuausrichtung der Ethereum-Entwickler erfordern, die bei Anpassungen des Protokolls dann einen Fokus auf ökonomische Anreize, den Ethereum-Token zu halten und zu verwenden, legen könnten.