Anregen – Ausprobieren – Erfahren. Museumsführer für junge Menschen
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Anregen – Ausprobieren – Erfahren. Museumsführer für junge Menschen

Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung

18. Februar 2021

Lesezeit: 5 Minuten

Zeitgenössische Kunst ist für viele Menschen eine Herausforderung. Es fällt mitunter schwer, einen Zugang zu finden, da sich die Werke dem Betrachter nicht immer gleich erschließen. Gegenwartskunst ist eben keine „leichte Kost“, die wir mit unseren Sehgewohnheiten schnell und unkompliziert konsumieren können. Sie verlangt die Auseinandersetzung, oftmals entstehen dabei mehr Fragen als Antworten, und der Betrachter bleibt nicht selten ratlos und ernüchtert zurück.

Wenn wir Erwachsenen uns hier so schwer tun, wie mag es dann erst Kindern und Jugendlichen ergehen, die noch nicht über einen breiten Bildungs- und Erfahrungshorizont verfügen, der ihnen bei der Beschäftigung mit zeitgenössischer Kunst helfen könnte? Oder braucht es den vielleicht gar nicht? Haben Kinder und Jugendliche möglicherweise genau dadurch einen entscheidenden Vorteil, weil sie sich nicht so „verkopft“ wie wir, sondern unvoreingenommen und intuitiv mit den Werken auseinandersetzen?

Genau an dieser Stelle setzt das aktuelle Projekt der Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung an: Zusammen mit dem Kunstmuseum DASMAXIMUM in Traunreut entwickelt die Stiftung einen Museumsführer zum Mitmachen und Gestalten für Kinder und Familien. „Anregen – Ausprobieren – Erfahren“, so lautet das Motto dieses bemerkenswerten Projekts. Seit Mai 2020 können die ersten Familienbegleit- und Aktivbögen des Museumsführers kostenlos genutzt werden.

 

Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung

Die Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung wurde 2008 gegründet. Sie fördert Kunst und Kultur. In den vergangenen Jahren wurde der Förderpreis der Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung für herausragende Leistungen junger Künstler und Kulturschaffender verliehen.

Seit 2019 widmet sich die Stiftung der künstlerischen Bildung, indem sie einen Museumsführer zum Mitmachen und Gestalten für Kinder, Schüler und Familien entwickelt und damit eine intensive Begegnung mit der Gegenwartskunst ermöglicht.

Drei Fragen zum Projekt an Karen Krämer, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung 

Was genau steckt hinter der etwas sperrigen Bezeichnung „Familienbegleit- und Aktivbogen“? Wie muss man sich den neu entstandenen Museumsführer zum Mitmachen und Gestalten vorstellen?

Karen Krämer: Unser Ziel war es, insbesondere jüngeren Besuchern das eigenständige Erkunden des Museums möglich zu machen und dadurch ihr künstlerisches und kulturelles Interesse zu wecken und zu fördern. Mit dieser Intention haben wir die Aktivbögen entwickelt, die die Kinder in die Ausstellungsräume und später nach Hause mitnehmen können und die sie dabei unterstützen, die Künstler und ihre Werke zu entdecken. Es geht uns ausdrücklich nicht darum, Wissen abzufragen; die Aktivbögen sind keine Fragebögen. Stattdessen möchten wir mit kleinen Fragestellungen und Aufgaben die Neugier der Kinder wecken.

Unsere Aktivbögen sind fachlich fundierte, liebevoll gestaltete und hochwertig produzierte Faltblätter im DIN-A-4-Format, die jeweils vier bis sechs Seiten umfassen. Jedes dieser Faltblätter beschäftigt sich mit einem Künstler und seinem Werk. Offene Fragen wecken die Neugier und regen zu einer intensiven Beschäftigung und neuen Perspektiven an. Kleine Aufgaben mit darin enthaltenen Materialien verleiten zum spielerischen Ausprobieren, Basteln und Kreativwerden. Statt eines schnellen Rundgangs durch ein klassisches Museum mit lehrreichen Informationstafeln wird der Museumsbesuch hier zu einem echten Kunsterlebnis, das länger nachwirkt.

Wer diese Broschüren sieht und in die Hand nimmt, wird tatsächlich sofort neugierig. Zwar für junge Menschen konzipiert, können die Aktivbögen doch sicher auch uns Erwachsenen noch zu neuen Ansichten und Erkenntnissen verhelfen?

Karen Krämer: Diese Idee ist uns im Rahmen des Projektes auch gekommen. Ursprünglich für Kinder gedacht, haben wir festgestellt, dass die Aktivbögen auch uns Erwachsenen einen unkomplizierten Zugang zu zeitgenössischen Künstlern und ihren Werken ermöglichen.

Entweder schon während des Museumsbesuchs oder wenn die Kinder die Bögen anschließend mit nach Hause nehmen, kann ein Dialog innerhalb der Familie oder mit Freunden entstehen. Dadurch erhalten die Erwachsenen die Möglichkeit, wie die Kinder Gegenwartskunst auf intuitive Weise zu erfahren. Auch Lehrkräfte, die der Herausforderung zeitgenössischer Kunst gegenüberstehen, finden mit den Aktivbögen eine praktische Hilfe und Material zur Weiterarbeit im Unterricht. Gerade in der jetzigen Phase der Corona-bedingten Kontaktbeschränkungen finden die Aktivblätter bei Schulklassen gute Verwendung.

Können Sie den Weg von der ersten Idee bis zu dem Moment, in dem Sie die ersten Aktivbögen in den Händen halten konnten, beschreiben? Wie haben Sie die operative Zusammenarbeit mit der aus zurückhaltender Privatbanksicht dynamischen Kunstszene erlebt?

Karen Krämer: Ein Projekt mit einem so großem operativen und noch dazu kreativen Anteil war für die Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung tatsächlich etwas Neues. Doch unsere Begeisterung für die Aktivbögen war geweckt, und warum nicht auch mal in der Stiftungsarbeit aus gewohnten Mustern ausbrechen?

In einem kleinen Team haben wir uns im Mai 2019 erstmals getroffen, Ideen und Sichtweisen ausgetauscht und sukzessive ein Konzept zur Erstellung der Aktivbögen erarbeitet. Neben lauter Erwachsenen – neben mir u. a. Dr. Birgit Löffler (Museumsleiterin), Susanne Frigge (Kunstpädagogin), Susanne Heißerer (Grafik-Designerin) – waren daran auch Schülerinnen und Schüler der 5. und 9. Klassen der Mittelschule Traunreut beteiligt. Bei der inhaltlichen Konzeption haben wir viele Fragen berücksichtigt, die der Museumsleiterin, Frau Dr. Löffler, in den Führungen der vergangenen Jahre immer wieder von Kindern gestellt worden sind.

Viel Kreativität ist bei der Entwicklung der Aufgaben zur intuitiven und aktiven Auseinandersetzung mit den Werken der einzelnen Künstler gefragt: So können die Kinder ein Gedicht schreiben, eine Geschichte erzählen, Skizzen anfertigen, auf einem kleinen Leinwandstück zeichnen, mit Alufolie kleine Skulpturen gestalten oder mit Farbstreifen experimentieren.

Unsere Aktivbögen, die wir in einer Auflage von jeweils 1000 Stück haben produzieren lassen, gibt es zu den Werken von John Chamberlain, Georg Baselitz, Dan Flavin, Uwe Lausen, Walter de Maria, Imi Knoebel, Maria Zerres und Joseph Beuys. Die Resonanzen sind sehr positiv! Uns erreichen begeisterte Rückmeldungen nicht nur von Kindern und Familien, sondern auch aus Fachkreisen: So ist z. B. Prof. Dr. Johannes Kirschenmann vom Lehrstuhl für Kunstpädagogik an der Akademie der Bildenden Künste München und Mitherausgeber der Fachzeitschrift KUNST+UNTERRICHT, auf unsere Aktivbögen aufmerksam geworden und hat diese gelobt.

Besonders stolz sind wir als Vorstand der Hauck & Aufhäuser Kulturstiftung darauf, dass das Bayerische Kultusministerium den Aktivbogen John Chamberlain in den bayerischen Lehrplan für angehende Kunstlehrer in der 9. Klasse Mittelschule aufgenommen hat. Auch die ersten Universitäten interessieren sich für unsere Aktivbögen in der Lehrerausbildung. Nicht zuletzt haben wir auch in den Medien wohlwollende Aufmerksamkeit gefunden, über die wir uns natürlich sehr gefreut haben.