Lohnt sich nachhaltiges Investieren?
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Lohnt sich nachhaltiges Investieren?

Markt & Wirtschaft

05. April 2022

Lesezeit: 7 Minuten

Die große Mehrheit empirischer Forschungsarbeiten zeigt positive Effekte hoher ESG-Ratings auf Risiko und Performance von Kapitalanlagen. Studien betonen vor allem die deutlich reduzierte Häufigkeit starker Kursverluste bei Aktien mit hohem ESG-Rating. Jedoch ist der empirische Konsensus teils uneindeutig und auf einige Limitierungen der ESG-Forschung muss hingewiesen werden.

ESG-Markt boomt

Der Markt für ESG-Investments hat zuletzt ein fulminantes Wachstum verzeichnet. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Risiko- und Renditeparametern und dem ESG-Rating von Unternehmen. Im Folgenden soll ein Überblick zum empirischen Zusammenhang zwischen ESG-Rating sowie Risiko und Performance einer Kapitalanlage gegeben werden. Beim ESGRating erfolgt die Bewertung eine s Investments entlang ökologischer (environmental), sozialer (social) und auf die Unternehmensführung (governance) bezogener Kriterien. Um zu sehen, wie sich das ESGRating auf das Risiko einer Kapitalanlage auswirkt, schauen wir auf die Häufigkeit massiver Kursverluste sowie die Volatilität von Aktienkurs und Unternehmensgewinnen. Für die Rendite wird insbesondere die Aktienkursentwicklung der untersuchten Unternehmen betrachtet.

Empirische Befundlage positiv

Eine Analyse und Auswertung von über 2000 Forschungsarbeiten zeichnet ein überaus positives Bild zum Verhältnis von ESG-Rating und Rendite/Risiko von Kapitalanlagen. Der Kernbefund der großen Mehrheit von Studien: Unternehmen mit hohem ESG-Rating sind im Schnitt profitabler, höher bewertet, weniger volatil und zeigen eine bessere Aktienkursentwicklung. Einzelne Studien werden hier beispielhaft vorgestellt.

Aktien

Ungefähr 90% aller Forschungsarbeiten konstatieren einen neutralen oder positiven Zusammenhang zwischen ESG-Rating und Aktienperformance. Eine Studie von Union Investment beispielsweise beziffert die Outperformance der Unternehmen innerhalb des MSCI World mit dem höchstem ESG-Rating gegenüber den ESGSchlusslichtern des gleichen Index jährlich auf 2,85 Prozentpunkte. Laut Fidelity nimmt mit jeder Stufe im ESG-Rating die Aktienperformance von Titeln im MSCI AC World Index während der coronabedingten Finanzmarktturbulenzen um rund 2,8 Prozentpunkte zu. Fidelity ordnet Unternehmen entlang 6 ESG-Ratingkategorien von A (höchstes ESG-Rating) bis E (niedrigstes ESG-Rating) und bezieht dabei Informationen von unterschiedlichen Ratinganbietern sowie von eigenen Gesprächen mit Unternehmensvertretern.
Laut MSCI verzeichnen Unternehmen mit hohem ESG-Score zudem eine höhere Bruttoprofitabilität, das heißt ihr Umsatz im Verhältnis zu den Verkaufskosten ist höher als bei Unternehmen der unteren ESG-Ratingsegmente. Darüber hinaus zahlen solche Unternehmen im Schnitt eine höhere Dividende. Ein Vergleich eines von Union Investment modellierten globalen ESG-Portfolios mit dem MSCI World Net Return ergibt eine jährliche Outperformance des konstruierten ESG-Indexes von ungefähr 2 Prozentpunkten.

Globaler ESG-Index vs. MSCI World

  ESG-Index MSCI Word Net return
Index am 30.12.2011 100 100
Index am 31.08.2018 266,03

234,96

Rendite (p.a.) 15,06% 13,50%

Quelle: Union Investment; Stand November 2019.

Die Konstruktion des Index erfolgte weitestgehend sektor-neutral, beruht auf Daten von MSCI als auch Union Investment und verfolgt einen Best-in-Class-Ansatz.

Die Ursachen für die besagte Outperformance ESG-starker Unternehmen können u.a. eine effizientere Nutzung von Ressourcen, die Entwicklung von Personal, ein professionelleres Innovationsmanagement oder Technologieführerschaft sein. Dies in Kombination mit häufig überdurchschnittlichen Risikokontroll- und Compliance-Standards ist auch ein möglicher Grund, warum Aktientitel mit hohem ESG-Rating eine geringere Schwankung der Erträge und reduzierte Häufigkeit substantieller Kursverluste aufweisen – beides zentrale Maße für das Risiko eines Investments.

Anleihen

Eine Betrachtung von Fidelity von mehr als 1400 Unternehmensratings von Januar bis September 2020 ergab eine eindeutige Outperformance starker ESG-Titel entlang 5 ESG-Ratingkategorien. Zwar war die Performance aller betrachteten Anleihen aufgrund des Corona-Schocks negativ, jedoch war die Performance der 154 Unternehmen mit dem höchsten ESG-Rating mit einer durchschnittlichen Rendite von rund -0,5% deutlich besser als diejenige der ca. 500 Unternehmen mit dem zweithöchsten Rating, welche lediglich eine Rendite von -1,5% verzeichneten. Die ESGSchlusslichter schnitten mit -4,4% nochmals wesentlich enttäuschender ab.

Überschussrenditen einzelner ESG-Kategorien gegenüber Staatsanleihen (A = höchstes Rating)

Quelle: Fidelity; Nachhaltigkeit im Test: ESG-Outperformance in volatilen Zeiten: Betrachtungszeitruam 02.01.-30.09.2020; Stand: Oktober 2020. 

Daten von 1450 Unternehmensratings. Überschussrenditen gegenüber Staatsanleihen der jeweiligen Währung. Dabei steht A für das höchste ESG-Rating und E für ESG- Schlusslichter. Das Rating ergibt sich aus Daten verschiedener Ratinganbieter sowie aus Gesprächen mit Unternehmensvertretern seitens Fidelity.

In Sachen Risiko sind ESG-starke Anleihepapiere statistisch weniger volatil und weniger anfällig für Vorfälle, die stark wertvernichtend wirken, wie zum Beispiel die Beilegung teurer Rechtsstreitigkeiten durch die Verwicklung in Skandale. Die Gründe sind vielfältig, beispielsweise sind Emittenten mit starkem ESG-Profil resilienter im Hinblick auf sich verändernde Marktbedingungen wie Zinsanstiege, Finanzmarktturbulenzen oder Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen. Die zuvor dargestellte höhere Rentabilität ESG-starker Emittenten übersetzt sich empirisch in bessere Zinsdeckungsraten, eine höhere Kreditwürdigkeit und damit schließlich in eine geringere Ausfallwahrscheinlichkeit der betreffenden Unternehmen. Der Zusammenhang zwischen ESG-Score und dem Rendite- und Risikoprofil von Anleihen ist besonders stark ausgeprägt bei langen Laufzeiten sowie einer hohen Verzinsung der Anleihen.

Auf ESG setzen?

Sollte nun in Titel mit hohem ESG-Rating investieren werden? In der Tat ist es wahrscheinlich, dass Investoren durch die Berücksichtigung von ESG-Faktoren insbesondere das Risiko in ihrem Portfolio senken, da die Reduzierung des Risikos jenseits von Renditegesichtspunkten den wichtigsten Vorteil von ESG darstellt. Das heißt, der Beitrag zur Reduktion von Investmentrisiken ist größer als der Performancebeitrag von ESG-Ratings. Jedoch ist Vorsicht geboten, denn die Aussagekraft vieler Studien ist begrenzt. Die untersuchten ESG-Daten stammen häufig aus Selbstauskünften der relevanten Unternehmen und unterliegen keinen speziellen gesetzlichen Prüfungsanforderungen.
Zwischen den durchgeführten Studien zum besagten Thema existieren zudem Unterschiede in der methodischen Messung von sowohl Risiko als auch Rendite sowie der ESG-Merkmale an sich. ESG-Ratings haben eine viel kürzere Historie als herkömmliche Faktoren. Die Belastbarkeit der Daten ist damit deutlich geringer. Zudem sollten Sie im Auge behalten, dass es sich bei den vorgestellten Ergebnissen lediglich um Korrelationen handelt, nicht um Kausalität.

Beitrag verfasst von:
H&A Global Investment Management GmbH
Stand: 05.04.2022

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