In Kunst investieren – Kapitalanlage und/oder Leidenschaft

In Kunst investieren – Kapitalanlage und/oder Leidenschaft

24. Februar 2021

Lesezeit: 8 Minuten

Kunst soll in erster Linie Freude bereiten, darin sind sich die beiden Experten Cornelia Stender, selbstständige Kunstberaterin, und José Hazanas, einer der Kunst-Experten bei Hauck & Aufhäuser, einig. Doch was sollte man beim Investieren in Kunst beachten, wie unterstützt das Bankhaus seine Kunden und welche Angebote für Kunstinteressierte bietet es?

José Hazanas: Es ist äußerst selten, dass wir von Kunden konkret auf das Thema Kunsterwerb als Anlage angesprochen werden. Was öfter vorkommt ist, dass jemand aufgrund einer Nachfolgeregelung ein größeres Vermögen erhält. Da wird dann z. B. ein Mehrfamilienhaus verkauft und der Begünstigte denkt darüber nach, wie er sein Vermögen diversifizieren kann. Natürlich spricht man dann über die klassischen Anlagen wie Aktien, Renten, Cash … Parallel dazu kommt dann auch immer öfter die Frage: Ist denn nicht ein Oldtimer eine schöne Anlage? Und wie wäre es mit einem Kunstinvestment, damit lässt sich doch auch Geld verdienen? Ich wurde sogar einmal angesprochen: „Lasst uns doch einen Kunstfonds gemeinsam auflegen, das ist doch sehr lukrativ.“ In meinen Augen ist dieser Markt jedoch viel zu intransparent und es ist sehr schwer nachzuvollziehen, was später einmal große Kunst werden wird.

Cornelia Stender: Das wäre tatsächlich ein Blick in die Glaskugel. Einem Kunden den Kauf eines Kunstwerks zu empfehlen vor dem Hintergrund, damit möglicherweise eine große Rendite zu erzielen, würde ich ebenfalls nie tun. Der Kunstmarkt ist genauso unberechenbar wie beispielsweise der Werdegang eines Künstlers und die Preisentwicklung. Kunstobjekte als reines Investment zu betrachten, ist äußerst schwierig und mit vielen Fragezeichen behaftet.

José Hazanas: Ja, sich die Frage zu stellen, kaufe ich Kunst als Kapitalanlage, ist meines Erachtens der falsche Ansatz. Letztendlich ist es doch vielmehr so, im Laufe der Jahre wird der Wohnraum größer und in der Regel verbessert sich dann auch die Wohnqualität. Das ist der Zeitpunkt, wo man sich von Postern verabschiedet und anfängt, Kunst für seine Wände zu erwerben. Irgendwann kommt folglich der Gedanke Wertsteigerung auf. Das ist wie bei einem Oldtimer, ob man mehr oder weniger dafür bekommt, wenn er einem nicht mehr gefällt, kann niemand sagen. Die Wahrscheinlichkeit, nach dem Kauf eines 911ers nie wieder Geld dafür zu bekommen, geht gegen null. Wer ein ebenso qualitativ hochwertiges Kunstobjekt kauft, sollte auch etwas Geld wiederbekommen, falls sich der eigene Geschmack verändert.

Mithilfe von Beratung
in Kunst investieren

Cornelia Stender: Wo man als Berater gut unterstützen kann, ist, dafür zu sorgen, mit dem Kunstkauf kein Geld zu vernichten. Wir kümmern uns darum, dass der Kunde bei Interesse an einem Kunstwerk nach einer ausführlichen Due Diligence (Anm. d. Redaktion: eingehende Prüfung eines zum Verkauf stehenden Kunstobjekts) einen adäquaten Preis dafür bezahlt.
Wenn man sich zum Beispiel für zeitgenössische Kunst interessiert und zum Beispiel hier in München in eine der zahlreichen Galerien geht, die sich darauf spezialisiert haben, ist die Due Diligence vor dem Kauf relativ kurz gefasst. Unter Umständen ist der Künstler vor Ort und man kann ihn direkt fragen, ob die Zeichnung oder das Werk von ihm stammt. Danach schaut man sich noch den Zustand an – das ist alles schnell erledigt. Wenn man sich jetzt Werke der klassischen Moderne anschaut und möchte in diesem Bereich etwas erwerben, dann kann so eine Due Diligence schon mal etwas ausführlicher ausfallen und wird auch um so wichtiger, gerade wenn es zum Beispiel um die Provenienzrecherche (Anm. d. Redaktion: Herkunftsrecherche eines Kunstwerks) geht. In diesem Fall ist es ratsam, sich zu vergewissern, dass das Geld auch gut angelegt ist und man sich hinterher nicht mit Anwälten über die Besitzverhältnisse unterhalten muss. Von daher ist da der Berater schon gefragt, vor allem wenn man sich im Kunstbereich nicht gut auskennt. Wir können ein Netzwerk zur Verfügung stellen, Experten empfehlen und Hilfestellungen geben. Gerade wenn ein Kunde etwas entdeckt, das er auf einer Auktion erwerben will. Eine Auktion unterscheidet sich ja doch vom Kauf in einer Galerie und unter Umständen bestehen da noch größere Schwellenängste.

Einladung in die Kunstwelt

José Hazanas: Apropos Schwellenängste, was wir unseren Kunden anbieten, sind Galerierundgänge. Dadurch nehmen wir letztendlich die Hürde, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wir sind ein Stück weit Wegbereiter und geben die Möglichkeit, sich dem Thema zu nähern. Das Schöne ist, wir sind völlig unabhängig, haben keine eigenen Interessen und können Galeristen, Kunsthändler sowie Auktionatoren mit unseren Kunden zusammenbringen und alle können miteinander netzwerken. Bei diesen Begegnungen trifft man vielleicht Menschen, die das, worüber man selbst nachdenkt, schon getan haben. Man fühlt sich bestätigt und der Schritt, das zu tun, wird deutlich kleiner. Ich erinnere mich immer wieder gerne an unser traditionelles Frühstück zur Messe Cologne Fine Art & Design in unseren Kölner Räumlichkeiten. Mit den Corona-Regeln nicht denkbar, denn man kann sich kaum im Kreis drehen, so voll ist es da in unserer Niederlassung. Aber es ist toll, weil sowohl Sammler als auch Berater, Kunsthändler, Galeristen, Veranstalter, Verbandsfunktionäre an einem Ort sind und sich über das Thema Kunst austauschen. Das ist es, glaube ich, was den ersten Schritt in diese Richtung ausmacht. Das positive Feedback, das wir von Teilnehmern bekommen, ist enorm. Viele haben sich noch nie richtig dem Thema Kunst genähert und freuen sich sehr über diese Chance.

Cornelia Stender: Was vielleicht an dieser Stelle auch noch hervorzuheben wäre, ist, dass es ja nicht nur darum geht, sich für viel oder wenig Geld Kunstobjekte zu kaufen, um damit die eigene Wohnung zu schmücken, sondern über den Kauf und die Begegnung zum Beispiel in einer Galerie mit dem jungen Künstler und dem Galeristen, der die Werke zusammengetragen hat, erschließen sich oft dem Kunstkäufer/-interessenten ganz neue Welten. Bei eurem Galerierundgang konnten wir das sehr wohl erleben, weil da auch die Künstler vor Ort waren und über ihre Arbeiten referiert haben. Ich glaube, deswegen war dieser Rundgang für viele so etwas Besonderes, weil sie die unmittelbare Begegnung mit dem Schöpfer eines Kunstwerks erleben durften.

Es wäre schön, wenn so etwas wieder stattfinden könnte. Auch die Ausstellungen in den Münchner Räumen, die ihr der Öffentlichkeit zugänglich macht. Nach Anmeldung kann man sich diese Ausstellungen ansehen. Da ist Hauck & Aufhäuser auch Initiator im Bereich Kunst und nicht nur Berater.

José Hazanas: Im Moment renovieren wir die Räume, damit die Kunstwerke wieder einen schönen Platz haben. Wir bereiten uns schon auf die Zeit nach Corona vor.

Cornelia Stender: Ich glaube, der Hunger nach Kunst ist enorm groß. Nach Corona wird es sehr spannend sein zu sehen, was die Künstler daraus gemacht haben, wie sie diese Pandemie verarbeiten, was da an künstlerischen Kräften freigesetzt wird. Auf der anderen Seite werden auch wir als Kunstkonsumenten das alles noch viel mehr zu schätzen wissen, weil es uns so lange vorenthalten wurde.

Unterstützung auch bei Sachwerten

Cornelia Stender: Letztendlich geht es ja nicht nur um bildende Kunst an sich, sondern ihr als Bankhaus interessiert euch ja für alle Sachwerte, für die es einen Markt gibt. Auch für Immobilien und deren Inventar. Wenn man sieht, wie breit gefächert das Angebot der Auktionshäuser heutzutage ist, gibt es alles Mögliche, das die Sammelleidenschaft der Menschen stimuliert. Insofern ist auch das Interesse eines Kunden von euch sehr breit gefächert. Bei jüngeren Sammlern ist es doch häufig so, dass sie von den Eltern eine Sammlung oder eine Immobilie erben, die voller alter Möbel ist, und sich fragen, was sie damit machen sollen. Da kommt dann wieder der Bankberater ins Spiel, der bei der Bewertung hilfreich zur Seite steht.

José Hazanas: Das ist ein wichtiger Punkt: Wir als Bankhaus begleiten Familien über mehrere Generationen hinweg und da passiert es durchaus, dass der Kunde zu uns kommt und sagt: „Ich habe so eine schöne Sammlung und keines der Kinder interessiert sich dafür, was mache ich jetzt damit?“ Das ist schön, wenn man das im Vorfeld diskutiert und einen Partner dazunimmt. Genauso ist es dann auch im Nachlassfall: Das Haus ist voll und keiner will etwas haben. Wir können natürlich keine Rechtsberatung leisten. Aber das, was wir machen, sind Gedankenspiele und schildern dabei den Kunden, wie andere mit dieser Situation umgegangen sind. Vielleicht sollen einzelne Stücke in ein Museum und man muss feststellen, die Sammlung ist zwar für den Kunden traumhaft, aber momentan interessiert sie niemanden. Wenn man sie in ein Museum geben will, muss man eigentlich auch Geld stiften, damit man dort darauf aufpasst. Das ist das Begleiten auch über Generationen hinweg. Was wir sehr gerne tun und was meines Erachtens nach ein ganz wichtiges Thema im Bereich Kunstberatung ist. Nämlich, dass sich solche Dinge auch entwickeln dürfen. Dazu gehört auch nach einem lohnenswerten Einstieg, das erste Kunstwerk wieder zu verkaufen, weil es einfach nicht mehr ins Konzept passt.

Cornelia Stender M.A. hat Kunstgeschichte, Betriebswirtschaftslehre, Klassische Archäologie und Orientalische Kunstgeschichte studiert und ist seit mehr als 20 Jahren in der Kunstberatung von Privatsammlern und Unternehmen tätig. Dabei unterstützt sie Kunstsammler beim An- und Verkauf von Kunstwerken und dem Aufbau und der Pflege einer Kunstsammlung sowie Unternehmen insbesondere aus der Bankenbranche bei der Organisation von Ausstellungen und dem Angebot von Kunstveranstaltungen für Mitarbeiter und Kunden. www.collective-works.com

José Hazañas ist Direktor bei Hauck & Aufhäuser in München und einer der Experten des Bankhauses im Bereich Kunst. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Beratung von Privat- und Firmenkunden. Bevor er 2013 im Private Banking von Hauck & Aufhäuser startete, war er von 2003 bis 2013 als Director Wealth Management bei der UBS Deutschland AG und zwischen 1993 und 2003 bei der Hypo- und Vereinsbank AG tätig. Neben seinen Schwerpunkten in der Vermögensstrukturierung und Nachfolgeplanung, der Stiftungsberatung und der individuellen Vermögensverwaltung begleitet der Bankkaufmann und Betriebswirt (VWA) interessierte Kunden bei der Einbindung von Kunst in ihre Vermögensstrukturplanung.