Kerstin Jungmann
Head of Digital Wealth Channel Zeedin
Zinsen bleiben ein Thema: Dr. Ulrike Rondorf, unsere Leiterhin der Investment-Strategie bei Hauck Aufhäuser Lampe, wirft in der Rubrik „Neues aus dem Investment-Office“ einen genaueren Blick auf die aktuellen Marktthemen. Dabei spielen die erwarteten Zinssenkungen der Notenbank insbesondere in den USA bereits eine wesentliche Rolle. Welche Erwartungen in diesem Kontext letztlich an die weitere Entwicklung von Aktien und Renten geknüpft werden, dazu mehr im Interview.
Von Dr. Ulrike Rondorf, Head of Investment Strategy bei Hauck Aufhäuser Lampe
In den letzten Wochen des Jahres 2023 sind die Renditen erstklassiger Staatsanleihen deutlich gefallen und die Kurse an den Aktienmärkten gestiegen. Zum Jahresauftakt war die Dynamik plötzlich weg. Was ist passiert?
Nach einer fulminanten Jahresendrally der Aktien- und Rentenmärkten gönnen sich die beiden Assetklassen zu Jahresbeginn tatsächlich eine Verschnaufpause. Dies hat zum einen fundamentale Gründe wie neue Nachrichten von der US-Notenbank Fed und zum anderen saisonale Gründe. Der Jahreswechsel stellt auch an den Kapitalmärkten einen Einschnitt dar. Vor den Weihnachtsferien haben die Kursanstiege – insbesondere an den Aktienmärkten – sich selbst verstärkt. Keiner wollte die Jahresendrally verpassen. Nach den Ferien analysieren viele Marktteilnehmer die jüngsten Daten und Ereignisse und bewerten die Lage neu. Die Euphorie der Vorweihnachtszeit scheint bei dieser Analyse abhandengekommen zu sein.
Worauf achten die Marktteilnehmer aktuell besonders?
Das Marktthema Nummer 1 ist derzeit die Diskussion über baldige Leitzinssenkungen der Fed. Das am Markt implizit erwartete Niveau für die US-Leitzinsen ist nach der jüngsten Fed-Sitzung im Dezember spürbar gefallen. Fed-Chef Jerome Powell hatte überraschend bestätigt, dass über Leitzinssenkungen diskutiert worden sei. Zudem erklärte er, dass Zinssenkungen denkbar seien, deutlich bevor die Inflationsrate die Zielmarke von 2 % erreicht habe. Ende Dezember war eine erste Leitzinssenkung der Fed für den kommenden März bereits zu mehr als 85 % eingepreist worden, Anfang Januar sind es nur noch rund 60 % gewesen. An diesem Rückgang war die US-Notenbank nicht ganz unschuldig: Die Mitglieder ihres Entscheidungsgremiums haben sich in ihren jüngsten Stellungnahmen gegen eine baldige Zinssenkung positioniert, und das vergangene Woche veröffentliche Protokoll der Dezember-Sitzung hat unterstrichen, dass die Notenbank noch keine endgültige Entwarnung mit Blick auf die Inflation geben möchte.
Woran macht ihr fest, dass insbesondere die Aktienmärkte etwas über das Ziel hinausgeschossen sind?
Die Aktienmärkte, allen voran die US-amerikanischen Märkte, preisen ein nahezu perfektes Szenario ein, in dem die Inflation rasch fällt, die Leitzinsen deutlich sinken und die Wirtschaft solide wächst. In diesem Bild werden die Zinsen nicht – wie meist in der Vergangenheit – gesenkt, um die Konjunktur in einer Krise zu stützen. Stattdessen begleiten die Zinssenkungen den Inflationsrückgang. Das heißt, dass die Notenbank die Zinsen lediglich senkt, um einen Anstieg der inflationsbereinigten, alsorealen Zinssätze zu verhindern. Dies würde geschehen, wenn die Fed die nominalen Zinssätze bei sinkender Inflation konstant hielte.
Aber es werden für die kommenden zwölf Monate gut sechs Zinssenkungen im Umfang von je 25 Basispunkten eingepreist. Wir erwarten hingegen lediglich vier Zinssenkungen und können uns nicht vorstellen, dass es solch umfangreiche Zinssenkungen geben wird, ohne dass sich die Konjunktur deutlich abschwächt und die Sorgen vor einer Rezession wieder die Oberhand gewinnen. In meinen Augen hoffen die Aktienmärkte derzeit aber sogar eher auf eine Beschleunigung der Konjunktur.
Was deutet darauf hin?
Dies ist an der starken Performance der Aktien zyklischer oder kleinerer Unternehmen, sogenannter Small Caps, zu erkennen. Diese profitierten von den ersten Hoffnungsschimmern in der globalen Industrie, Indikatoren sind etwa ein höheres Exportwachstum in Korea, Taiwan und Singapur. Wir sind jedoch der Auffassung, dass die Märkte auf dem Weg in ein „normalisiertes“ Inflations- und Zinsumfeld bei gleichzeitig solidem Wachstum in den kommenden Monaten noch einige Hindernisse überwinden müssen.
Wie sehen diese Hindernisse genau aus?
Da wären zunächst die Preisdaten, die wieder volatiler werden dürften. Für die USA rechnen einige Volkswirte mit einem steigenden Preisauftrieb in den kommenden Monaten, da Sonderfaktoren auslaufen. In Europa dürfte die Volatilität der Preisdaten ebenfalls zunehmen. Die jüngsten Maßnahmen der Bundesregierung wie Plastikabgabe, CO2-Preiserhöhung und auslaufende Subventionen unterstützen unsere Erwartung. Zudem erwarten wir mit Blick auf die Fed, dass sich die US-Notenbanker gegen eine Leitzinssenkung im Frühjahr positionieren werden. Darüber hinaus führten die Hoffnungsschimmer in der Industrie am Aktienmarkt zu einer Aufholjagd dieses zuletzt schwachen Sektors. Der erneute Rückgang des Ifo-Geschäftsklimas warnt jedoch vor zu viel Euphorie. Des Weiteren werden die Konjunktursorgen in China diesem Sektor erhalten bleiben. Auch die US-Konjunktur kühlt sich weiter ab, da die gestiegenen Finanzierungskosten belasten.
Ihr würdet also festhalten, dass die Stimmung zu positiv ist und dies eine Konsolidierung andeutet? Im Oktober habt ihr die Aktienquote angehoben, nachdem die Panik an den Märkten in euren Augen zu groß war. Heißt das im Umkehrschluss nun, dass ihr die Aktienquote absenkt?
Nein, zumindest noch nicht. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass ein gewisses „Panik-Niveau“ nicht lange anhält und einen guten Einstiegszeitpunkt bietet. Eine positive bis euphorische Stimmung kann jedoch länger tragen. Es ist zudem schwierig zu timen, wann Konjunktursorgen am Markt aufkommen, und bis dahin könnten die Aktienmärkte, unterstützt durch den Start der US-Berichtssaison, tendenziell weiter zulegen. Unser Investment-Komitee hat somit beschlossen, dass wir mit einer neutralen Gewichtung von Aktien und Renten in das Jahr 2024 starten. Wir überprüfen diese Positionierung angesichts der oben genannten drei Faktoren engmaschig.
Im Rentenportfolio haben wir die Duration im Dezember leicht unter das Niveau der jeweiligen Benchmark gesenkt, da wir insbesondere in Europa weniger forsche Leitzinssenkungen erwarten als die Marktteilnehmer. Dort werden nämlich auch für die EZB bereits Zinssenkungen im Umfang von 140 Basispunkten bis Ende 2024 eingepreist.
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