Fed: Zinspause bis 2024
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Fed: Zinspause bis 2024

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19. März 2021

Lesezeit: 3 Minuten

Die US-Konjunktur gewinnt signifikant an Dynamik und Fantasien eines „Taper-Tantrums“ schließen sich an. Markterwartungen über einen beschleunigten Ausstieg aus der sehr expansiven Geldpolitik treffen auf einen angepassten geldpolitischen Rahmen, der den Modus Operandi vergangener Jahrzehnte über Bord wirft. Die jüngste FOMC-Sitzung hat dies verdeutlicht. Ohne Fed-Eingriffe ist für Treasury-Renditen noch Luft nach oben.

US-Wirtschaft:
Mit wumms aus der Krise

Mit USD 1,9 Billionen ist der „American Rescue Plan Act“ das bislang zweitgrößte Fiskalpaket in der US-Geschichte, vergleichbar mit Franklin Roosevelts „New Deal“ während der Großen Depression in den 1930er Jahren. Der von der Biden-Administration auf den Weg gebrachte Stimulus beinhaltet u. a. einen einmaligen Scheck über USD 1.000 bis zu einem Einkommen von USD 75.000 im Jahr, die Ausweitung der Bundes-Arbeitslosenhilfe bis September sowie viele Steuererleichterungen für Familien. Kurz nach Verabschiedung im US-Kongress ist das Paket mit einer Zustimmung von über 70 % der Amerikaner sehr populär, was sich nicht zuletzt positiv im Verbrauchervertrauen niederschlagen dürfte. Die jetzige Schlagkraft an Konjunkturunterstützung, die in etwa alle drei Covid-19-Hilfspakete aus dem Jahr 2020 ausmacht, beflügelt das US-Wachstum laut OECD so stark, dass die jüngste BIP-Prognose für 2021 mit 6,5 % rund drei Prozentpunkte höher ausfällt als noch im Dezember 2020 erwartet. Für die Weltwirtschaft insgesamt beläuft sich das geschätzte Wachstumsplus durch das Biden-Konjunkturpaket auf rund 1 Prozentpunkt (Welt-BIP-Prognose 2021: 5,6 %). Wenngleich das US-Konsumentenvertrauen noch ein gutes Stück unter dem Vorkrisenniveau rangiert, zeigen etliche Frühindikatoren in den USA einen deutlichen Expansionskurs an.

Das lange Ende reagiert auf Konjunktur...

Vor dem Hintergrund der dynamischen US-Konjunktur samt steigenden Verbraucherpreisen hat sich die US-Renditestrukturkurve deutlich versteilert, getrieben vom lange Ende. Nachdem die zehnjährige US-Treasury-Rendite am letzten Handelstag 2020 bei 0,91 % das Jahr beendet hatte (das bisherige Allzeittief auf Schlusskursbasis lag vor rund einem Jahr bei 0,54 %), ist die Benchmarkrendite jenseits des Atlantiks bis Mitte März 2021 um mehr als 70 Basispunkte auf bis zu 1,63 % geklettert.

… überspannt den Bogen jedoch

Wenngleich die größtenteils sehr positiven US-Konjunkturaussichten die skizzierte Renditebewegung weitgehend erklären, ist das Ausmaß des aktuellen Renditeanstieges dem Konjunkturaufschwung (zu) weit vorausgelaufen. Abgeleitet von der Konjunktur- und Reflationsdynamik häufen sich Vergleiche mit dem sogenannten „Taper-Tantrum“ aus dem Jahr 2013 über Gebühr. Damals hatte die Fed signalisiert, ihre Anleihekäufe zurückzuschrauben und damit einen Renditeanstieg ausgelöst. Der Vergleich hinkt jedoch: zwar erholt sich die Wirtschaft auch heute von einer Rezession und die Arbeitslosenquote sinkt ebenfalls (bei erhöhtem Niveau). Allerdings besteht bereits ein Unterschied in der Dauer der beiden Rezessionszeiträume: 18 Monate im Zuge der 2007/2009er Finanzkrise und drei Monate während der Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020. Jedoch noch markanter ist der im Vergleich zu damals fundamental unterschiedliche Fed-Ausblick! Nachdem die dritte Quantitative-Easing-Runde Ende 2012 eingeleitet worden war, enthielten die FOMC-Minutes (das geldpolitische Protokoll der US-Zentralbank) vom Dezember 2012 bereits Hinweise auf ein Abschmelzen der Anleihekäufe Ende 2013. Schon im Mai 2013 ließ dann der damalige Fed-Vorsitzende Ben Bernanke den Geist (zu früh) aus der Flasche, in dem er sagte, das Federal Open Market Committee (FOMC)  könne die Ankaufgeschwindigkeit „in den nächsten Meetings“ drosseln. Die Panik und damit das sogenannte „Taper-Tantrum“ nahm seinen Lauf. Im Gegensatz zu damals hat sich die Fed heute explizit dem Ziel der maximalen Beschäftigung und der Realisierung einer Durchschnittsinflationsrate von 2 % verschrieben. Mit Blick auf das Inflationsziel steht dies in deutlichem Kontrast zum vormaligen geldpolitischen Rahmenwerk, bei dem die Fed lediglich „erwarten“ musste, dass die Inflation das 2 %-Ziel erreicht, um an der Zinsschraube zu drehen. Der heutige Fed-Chef 

Jerome Powell wies jüngst ferner darauf hin, dass das FOMC nicht auf eine Inflationsentwicklung reagieren werde, die es derzeit als „temporär“ einstuft und es bis zu drei Jahre dauern könne, bis das Inflationsziel von 2% im Durchschnitt erreicht sei.

Mit Blick auf den erwarteten Pfad der Fed Funds Target Range ist die zum Teil überbordende Erwartungshaltung der Marktteilnehmer gegenüber der Fed ebenfalls zu erkennen. Auf Basis der Fed Funds Futures erwarteten die Händler noch Ende Januar 2021 eine erste Zinserhöhung im vierten Quartal 2023; einen Monat später wurde der erste Zinsschritt bereits im ersten Quartal 2023 verortet. Dies steht sukzessive in Kontrast zu der Visualisierung der kommenden Zinsschritte, den sogenannten Dot-Plots der Fed, die erst für Ende 2023 eine erste Zinserhöhung anzeigen.

Wann wird die Fed nun restrikiver?

Zur Erinnerung: Bei einer zukünftigen Anpassung der Geldpolitik hat sich die Fed selbst ins Handbuch geschrieben, zuerst die Anleihekäufe zu reduzieren und schließlich einzustellen, bevor sie in einem zweiten Schritt den Zinserhöhungszyklus einleitet. Der Beginn dieser Phasen ist dabei klar an die vorgenannten Ziele gekoppelt, wobei der Vollbeschäftigungsgrad natürlich Raum für eine gewisse Flexibilität gibt. Diese wird jedoch durch das gleichzeitig zu erfüllende numerische Durchschnittsinflationsziel wieder limitiert.

Selbst wenn die Arbeitslosenquote Anfang 2022 nur noch rund einen Prozentpunkt oberhalb des Vorkrisenniveaus rangiert, kaschiert diese Statistik negative Effekte am US-Arbeitsmarkt, die durch die Pandemie verstärkt wurden (Stichwort: Aufgabe der Arbeitssuche). Zudem berücksichtigt die Reaktionsfunktion der Fed in Sachen Arbeitsmarkt verstärkt sozialpolitische Aspekte. Nur eine heiß laufende Wirtschaft könne benachteiligten Bevölkerungsschichten eine hinreichende Partizipation am Arbeitsmarkt ermöglichen.

In Sachen Konsumentenpreisentwicklung bleibt abzuwarten, ob sich hinreichend viele Inflations-Punkte nördlich der Marke von 2 % realisieren, um das Durchschnittsziel zu erreichen. Wichtigster und spannendster Aspekt dürfte hierbei die von der Fed 

noch festzulegende Zeitachse für die Durchschnittsberechnung sein. Denn während die Inflationsrate im Sommer/Herbst sicherlich deutlich klettern sollte, könnte der Preisdruck ab 2022 schon wieder merklich abnehmen. Unter Annahme einer positiven US-Konjunktur-entwicklung erwarten wir ein Tapering in H1 2022 und eine Ankündigung im ersten Quartal 2022.

Zins-Strategie:
Es kommt darauf an

Grundsätzlich ist die vorliegende Renditebewegung bislang noch im Rahmen einer von der Fed akzeptierten Weglänge und macht den Fed-Akteuren keine Sorgen. Allerdings dürften weiterhin deutlich steigende Renditen am mittleren und langen Ende der Renditestrukturkurve, in Kombination mit einer anziehenden Volatilität am US-Treasury-Markt, die Ziele der Fed konterkarieren. In der kürzeren Historie betrachtet, sind die Zinsen am langen Ende des Kapitalmarktes zwar noch niedrig – trotz der jüngsten Bewegungen. Zur Erinnerung: Vor gut zwei Jahren notierte die zehnjährige US-Staatsanleihe bei rund 3 %. Doch erwarten wir bei zehnjährigen UST-Renditen, die in zu kurzer Zeit jenseits der Marke von 2 % rangieren, eine Ausweitung der durchschnittlichen Fälligkeit der ankaufbaren Bonds und/oder ein höheres Volumen der Fed-Anleihekäufe. Allerdings zeigen sich die Währungshüter von der aktuellen Renditebewegung derzeit noch wenig besorgt, wie die gestrige Fed-Sitzung und die anschließende Pressekonferenz verdeutlichten. Lediglich mehr Volatilität am Staatsanleihenmarkt wäre Anlass zur Sorge, so Fed-Chef Powell.

Da die US-Notenbank damit ihrer bisherigen Linie treu bleibt und einen Renditeanstieg in Maßen toleriert, ist eine weitere leichte Versteilerung der US-Renditekurve möglich. Die angepassten Zins-Projektionen der FOMC-Mitglieder (Dot-Plots) können dazu passen. Zwar prognostiziert der Median gegenüber der letzten geldpolitischen Sitzung im Dezember 2020 unverändert keine Zinserhöhung bis 2024. Allerdings erwarten immerhin sieben Notenbanker eine Zinserhöhung in 2023. Damit hat die Fed den Zinserhöhungspfad vorerst etwas nach vorne gezogen

Unterm Strich verdeutlichen die Dot-Plots zusammen mit einer deutlich nach oben angepassten Wachstumsprognose für das US-BIP im laufenden Jahr von 4,2 auf 6,5% sowie einer erwarteten Kerninflation von immerhin 2,2% aber vor allem eins: obwohl die US-Wirtschaft zur globalen Wachstumslokomotive avanciert, wird die Fed gegenüber früheren Dekaden erst viel später eingreifen. Es bleibt spannend!

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